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<div class="event_data event_date " itemscope itemtype="http://microformats.org/profile/hcard"> <div class="event_date" data-start="Freitag 17 November 2023" data-end="Samstag 18 November 2023"> <span class="linking_word linking_word-from">from</span> <time class="date date-start" itemprop="dtstart" datetime="2023-11-17T00:00:00+00:00">17. 11. 2023</time> <span class="linking_word linking_word-to">to</span> <time class="date date-to" itemprop="dtend" datetime="2023-11-18T00:00:00+00:00">18. 11. 2023</time> </div><!-- .event_date --> </div><!-- .event_date -->

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Berlin

Für, gegen und darüber hinaus. Aktuelle Auseinandersetzungen um den Sozialstaat in Deutschland

Spra­che: Eng­lisch und Deutsch. 

Aboli­tio­nis­ti­sche Bewe­gun­gen haben spä­tes­tens seit dem Tod von George Floyd und der Black Lives Mat­ter Bewe­gung inter­na­tio­nal neuen Auf­schwung erhal­ten. Sie for­dern die Abschaf­fung von Gefäng­nis und Strafe. Als Alter­na­ti­ven erpro­ben sie den Auf­bau unab­hän­gi­ger Struk­tu­ren gegen­sei­ti­ger Hilfe und for­dern teils auch, dass Geld in den Auf- und Aus­bau von sozial(staatlich)en Struk­tu­ren gesteckt wer­den solle, statt in die Poli­zei. Wäh­rend der Fokus dar­auf liegt, wie Straf­be­hör­den ras­sis­ti­sche Ord­nun­gen repro­du­zie­ren, droht eine Ana­lyse von Sozial(staats)regimen immer wie­der aus dem Blick zu gera­ten, die zeigt, dass Sozi­al­be­hör­den und ‑poli­tik nicht nur sichern, son­dern auch aus­gren­zen, dis­zi­pli­nie­ren, stra­fen und ster­ben las­sen. Mit dem Ziel der Abschre­ckung wer­den Migrant*innen etwa teils gänz­lich aus­ge­schlos­sen oder sie erhal­ten nur als Erwerbs­tä­tige Zugang zu exis­tenz­si­chern­den Leis­tun­gen. Men­schen, die nicht dem hetero- und cis­nor­ma­ti­ven Fami­li­en­mo­dell ent­spre­chen, haben es ungleich schwe­rer. Das Tun des Sozi­al­staats rich­tet sich nicht auf alle Sub­jekte glei­cher­ma­ßen. Es setzt Men­schen in unter­schied­li­che Ver­hält­nisse zuein­an­der, zu sich selbst, zum Staat und zum (glo­ba­len) Arbeits­markt. Sozial(staats)regime prägt dabei All­tags­kul­tu­ren und Vor­stel­lun­gen von Gesell­schaft, Wirt­schaft und Indi­vi­duum grund­le­gend. Dabei ist der Sozi­al­staat Ergeb­nis his­to­ri­scher Kämpfe und auch heute Bezugs­punkt sozia­ler Bewe­gun­gen, die gegen Armut und für ein gutes Leben für alle sowie die spe­zi­fi­schen Belange ein­zel­ner Grup­pen ein­tre­ten. Rechte und kon­ser­va­tive Kräfte hin­ge­gen mobi­li­sie­ren die Rede vom Schutz des natio­na­len Sozi­al­sys­tems vor angeb­li­cher Bedro­hung durch Migra­tion und Betrug für ihre gewalt­vol­len Projekte.

Die­ser Work­shop setzt an, aktu­elle Sozial(staats)regime in ihrer Kom­ple­xi­tät zu ver­ste­hen. In den letz­ten Jahr­zehn­ten hat sich viel getan. Sie waren von unglei­cher Euro­päi­sie­rung, neuen Grenz­re­gi­men, Öko­no­mi­sie­rung und Austeri­tät aber auch von eman­zi­pa­to­ri­schen Kämp­fen geprägt. Jüngst zeigte sich im Kon­text der Corona-Pan­de­mie und stei­gen­der Lebens­er­hal­tungs- und Wohn­kos­ten die Bedeu­tung sozi­al­staat­li­cher Aus­ein­an­der­set­zun­gen wie­der neu. Wir ste­cken in einer mehr­fa­chen Krise der Repro­duk­tion. Das Bür­ger­geld als her­vor­ste­chendste recht­li­che Neue­rung scheint trotz­dem wenig Neues zu brin­gen, außer einen aus­schlie­ßen­den Namen, etwas weni­ger Sank­ti­ons- und mehr Kon­troll­mög­lich­kei­ten. Par­al­lel haben die Behör­den im Kampf gegen ver­meint­li­chen Sozi­al­hil­fe­be­trug aufgerüstet.

Wir möch­ten dis­ku­tie­ren, wie eine kri­ti­sche Ana­lyse von Sozial(staats)regimen heute aus­se­hen sollte. Dazu wol­len wir ver­su­chen, kri­ti­sche For­schung und kon­krete Per­spek­ti­ven aus der mehr­spra­chi­gen Arbeit von Basis­in­itia­ti­ven pre­kär beschäf­tig­ter und erwerbs­lo­ser Men­schen enger zu ver­knüp­fen und so auch schon der Frage näher­kom­men: Wel­che Rolle spie­len Sozial(staats)regime in aktu­el­len Kon­junk­tu­ren des racia­li­sed capi­ta­lism? What the fuck is going on? Wel­che Per­spek­ti­ven auf den Sozi­al­staat erge­ben sich aus den kon­kre­ten Aus­ein­an­der­set­zun­gen sozia­ler Bewe­gun­gen? Wie prä­gen Sozial(staats)regime den All­tag ver­schie­de­ner Grup­pen und wie neh­men diese Bezug auf Sozi­al­staat? Wie kön­nen wir die soziale Frage in trans- und postna-tio­na­len Kon­tex­ten stel­len und die Rassismus‑, Grenz- und Pre­ka­ri­sie­rungs­for­schung in sozia­len und kapi­ta­lis­ti­schen Ver­hält­nis­sen kon­tex­tua­li­sie­ren? Wel­ches Poten­zial haben aboli­tio­nis­ti­sche Per­spek­ti­ven auf Aus­ein­an­der­set­zun­gen um ‚das Soziale‘ und für Kämpfe für ein gutes Leben im EUro­päi­schen und bun­des­deut­schen Kontext?

Dies ist der Auf­takt­work­shop der DFG Emmy Noe­ther Nach­wuchs­for­schungs­gruppe „Aus­ein­an­der­set­zun­gen um ‚das Soziale‘ – Hin zu einer bewe­gungs­ba­sier­ten eth­no­gra­fi­schen Sozial(staats)regimeanalyse“, die am Insti­tut für Euro­päi­sche Eth­no­lo­gie und Empi­ri­sche Kul­tur­wis­sen­schaft der LMU Mün­chen ange­sie­delt ist und eng mit den Grup­pen BASTA!, ALSO und Pro­ject Shel­ter zusam­men­ar­bei­tet. Die Ber­li­ner Erwerbs­lo­sen­in­itia­tive BASTA! öff­net mehr­mals wöchent­lich ein Bera­tungs­café, führt Kam­pa­gnen und Schu­lun­gen durch. Die Arbeits­lo­sen-selbst­hilfe Olden­burg (ALSO) macht unab­hän­gige und kos­ten­lose Sozi­al­be­ra­tung, hat ein eige­nes Haus und berät u.a. pre­kär Beschäf­tigte der Fleisch­in­dus­trie. Pro­ject Shel­ter ist eine Gruppe von Men­schen mit und ohne Flucht- oder Migra­ti­ons­ge­schichte, die daran arbei­tet, die Rechte obdach­lo­ser Men­schen in Frankfurt/Main zu erkämp­fen bzw. zu schüt­zen und die Erfül­lung ihrer Bedürf­nisse zu garan­tie­ren. Wir freuen uns auf den Austausch!

Programm:

Frei­tag, 17.11.23
11:30 Uhr

Ankom­men und Mittagessen
12:30–14:00 UhrWill­kom­men, kurze Inputs vom CoS-Team, inter­ak­tive Vorstellungsrunde
14:15–15:45 UhrPanel I
Kri­ti­sche Per­spek­ti­ven auf den (Sozial-)Staat
mit Melinda Coo­per (Aus­tra­lian Natio­nal Uni­ver­sity), Manuela Boja­dži­jev (HU Ber­lin) und Vero­nika Zab­lotsky (FU Ber­lin, Aboli­tion Bey­ond Bor­ders Coll­ec­tive), Mode­ra­tion: Lisa Ried­ner, CoS-Team
16–17 Uhr Panel II
Rechts­kämpfe in Sozial(staats)regimen und über sie hin­aus
mit Aino Kor­ven­syrjä & Mit­ali Nag­recha (Jus­tice Coll­ec­tive) und Max Pichl (Uni Kas­sel), Mode­ra­tion: Valen­tina Moraru, CoS-Team
17:30–18:30 UhrDis­kus­sion im inter­ak­ti­ven For­mat im PA58-Café
18:30 UhrAbend­essen
20–22 UhrBASTA! Ber­lin lädt ein zu einer öffent­li­chen Ver­an­stal­tung mit ALSO, Pro­ject Shel­ter und LACAN
Sams­tag, 18.11.2023
9–10:30 Uhr
Panel III
(Sub-)Urbane Orga­ni­sie­rung in und gegen Ras­sis­mus und Kapi­ta­lis­mus
mit
Pete White (LACAN),
Ste­fa­nia Ani­mento (HU Ber­lin, Workers Cen­ter Ber­lin),
Mouna Maa­roufi (Uni Ham­burg)
Mode­ra­tion: Anda Nico­lae-Vladu (ALSO, Uni Bochum)
11–12:30 UhrPanel IV
Sozial(staats)regimeanalyse aus der Per­spek­tive von Kon­flik­ten um Gren­zen, Arbeit, Geschlecht und Armut
mit
Peter Birke (Uni Göt­tin­gen),
Mari­bel Casas-Cor­tes (Uni Zara­goza),
Josie Hoo­ker (Uni Bath, CoS-Fel­low)
Mode­ra­tion: Lisa Ried­ner, CoS-Team
12:30 Uhr Mit­tag­essen
13:30–15 Uhr Abschluss­dis­kus­sion
Für, gegen und dar­über hinaus? 
15–17 Uhr Abschluss­dis­kus­sion, Pläne schmieden

Teilnehmende

Aino Kor­ven­syrjä ist Sozi­al­an­thro­po­lo­gin und Akti­vis­tin, die sich in ihrer Arbeit kri­tisch mit Abschie­bun­gen, Gren­zen, Ras­sis­mus, Poli­zie­ren, Stra­fen und sozia­len Bewe­gun­gen aus­ein­an­der­setzt. Sie schloss sich 2016 der anti­ras­sis­ti­schen Pro­zess­be­ob­ach­tungs­gruppe Jus­tiz­watch an. Im Jahr 2023 arbei­tete sie als wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin im Jus­tice Coll­ec­tive und unter­suchte Ras­sis­mus in deut­schen Gerich­ten und im Strafrechtssystem. 

Anda Nico­lae-Vladu ist Akti­vis­tin bei der Arbeits­lo­sen­selbst­hilfe Olden­burg (ALSO), einer mehr­spra­chi­gen Basis­or­ga­ni­sa­tion, die gegen Armut kämpft und Men­schen dabei unter­stützt, ihre sozia­len Rechte ein­zu­for­dern. Sie ist außer­dem Dok­to­ran­din in Neue­rer Geschichte an der Ruhr-Uni­ver­si­tät Bochum, wo sie sich mit Migra­ti­ons­kämp­fen in der nord­west­deut­schen Tex­til­in­dus­trie beschäftigt.

Josie Hoo­ker ist Dok­to­ran­din an der Uni­ver­sity of Bath, Groß­bri­tan­nien. Aus­ge­hend von den Kämp­fen wäh­rend und nach der Covid-19-Pan­de­mie unter­sucht ihre Dis­ser­ta­tion, wie Arbeits‑, Sozial- und Grenz­re­gime die Gesund­heit schlecht bezahl­ter, pre­kär beschäf­tig­ter migran­ti­sier­ter Arbeiter*innen in Lon­don beeinflussen

Lisa Ried­ner lei­tet die Nach­wuchs­for­schungs­gruppe „Aus­ein­an­der­set­zung um ‚das Soziale‘ “ am Insti­tut für Empi­ri­sche Kul­tur­wis­sen­schaft und Euro­päi­sche Eth­no­lo­gie der LMU Mün­chen. Sie bewegt sich gerne in den Schnitt­men­gen wis­sen­schaft­li­cher, aktivs­ti­scher und künst­le­ri­scher Praxis.

Manuela Boja­dži­jev ist Pro­fes­so­rin für Migra­tion in glo­ba­ler Per­spek­tive am Insti­tut für Euro­päi­sche Eth­no­lo­gie der Hum­boldt Uni­ver­si­tät Ber­lin und lei­tet die Abtei­lung »Inte­gra­tion, soziale Netz­werke und kul­tu­relle Lebens­stile« am Ber­li­ner Insti­tut für Migr­tai­ons­for­schung. Neben kon­zep­tio­nel­len, metho­do­lo­gi­schen und epis­te­mi­schen Fra­gen der Migra­ti­ons­for­schung inter­es­siert sie sich unter ande­rem für den »Streit um Migra­tion« in Migra­ti­ons­ge­sell­schaf­ten und dafür, wie in und durch Reprä­sen­ta­tio­nen von Migra­tion und Flucht gesell­schaft­li­cher Wan­del erzählt, gelebt und aus­ge­tra­gen wird.

Max Pichl ist Pro­fes­sor an der Hoch­schule Rhein/Main. Sein Buch „Rechts­kämpfe. Eine Ana­lyse der Rechts­ver­fah­ren nach dem Som­mer der Migra­tion“ (Cam­pus: Frank­furt am Main, 2021) ist jetzt als Ebook auch Open Access erhältlich.

Melinda Coo­per ist Pro­fes­so­rin an der School of Socio­logy der Aus­tra­lian Natio­nal Uni­ver­sity. Ihr Buch Coun­ter­re­vo­lu­tion: Extra­va­gance and Austerity in Public Finance erscheint im März 2024.

Mouna Maa­roufi ist seit 2022 wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin am Lehr­stuhl für All­ge­meine Sozio­lo­gie der Uni­ver­si­tät Ham­burg. Zuvor hat sie unter Betreu­ung von Prof. Manuela Bojadži­jev und Prof. San­dro Mezza­dra ihre Dis­ser­ta­tion mit dem Titel „Migra­tion and Racia­liza­tion. Recon­fi­gu­ring Infra­struc­tures of Labour Sup­ply After the ‚Sum­mer of Migra­tion‘“ an der Leu­phana Uni­ver­si­tät Lüne­burg abge­schlos­sen. Sie war auch als arbeits­recht­li­che Bera­te­rin von Migrant*innen bei Arbeit und Leben e.V. beschäf­tigt. Ihre For­schung beschäf­tigt sich schwer­punkt­mä­ßig mit Trans­for­ma­tio­nen und Infra­struk­tu­ren in Migra­ti­ons- und Arbeits­re­gi­men, Ras­sis­mus und Pre­ka­ri­sie­rung sowie auto­no­men Arbeits­kämp­fen, sozia­len Kämp­fen und Antirassismus.

Pete White ist ein Orga­ni­zer und Künst­ler aus Los Ange­les. Er ist Grün­der des Los Ange­les Com­mu­nity Action Net­work. Seine Arbeit kon­zen­triert sich auf den Auf­bau von (Gegen-)Macht, Kul­tur und gemein­schafts­ba­sier­ter Inno­va­tion als wesent­li­che stra­te­gi­sche Instrumente.

Peter Birke arbei­tet am Sozio­lo­gi­schen For­schungs­in­sti­tut Göt­tin­gen. Sein der­zei­ti­ges Haupt­for­schungs­in­ter­esse gilt den Wech­sel­be­zie­hun­gen zwi­schen der Orga­ni­sa­tion von Arbeits­pro­zes­sen und Grenz­re­gi­men, die For­men des Wider­stands gegen Ras­sis­mus und Aus­beu­tung prä­gen können.

Ste­fa­nia Ani­mento ist Sozio­lo­gin und arbei­tet als unab­hän­gige For­sche­rin und Akti­vis­tin. Zu ihren Inter­es­sen gehö­ren Migra­tion, Arbeit, soziale Bewe­gun­gen und digi­ta­ler Kapi­ta­lis­mus. Sie schreibt über Arbeits­kämpfe und Ras­sis­mus in digi­ta­len Öko­no­mien und war außer­dem Teil meh­re­rer akti­vis­ti­scher Pro­jekte in Ber­lin, wie zum Bei­spiel Ber­lin Migrant Stri­kers, Cri­ti­cal Workers und dem Workers Cen­ter Berlin.

Tim Her­bold arbei­tet und pro­mo­viert im Rah­men der Nach­wuchs­for­schungs­gruppe „Con­te­sta­ti­ons of ‘the Social‘“ am Insti­tut für Empi­ri­sche Kul­tur­wis­sen­schaft und Euro­päi­sche Eth­no­lo­gie der LMU München.

Valen­tina Moraru ist eine Akti­vis­tin und For­sche­rin, die der­zeit ihr ers­tes Jahr als Pro­mo­vie­rende im Pro­jekt „Con­te­sta­ti­ons of the Social“ abschließt. In enger Zusam­men­ar­beit mit der Arbeits­lo­sen­selbst­hilfe Olden­burg liegt ihre For­schung an den Schnitt­stel­len von Moral, pre­kä­rer Arbeit und Migration.

Vero­nika Zab­lotsky ist poli­ti­sche Theo­re­ti­ke­rin und Post­dok­to­ran­din an der FU Ber­lin, und arbei­tet der­zeit aus einer trans­na­tio­na­len femi­nis­ti­schen und post­ko­lo­nia­len Per­spek­tive an den The­men Zuflucht (sanc­tuary), Aboli­tio­nis­mus und grenz­über­schrei­tende Soli­da­ri­tät. Sie ist Mit­be­grün­de­rin des Aboli­tion Bey­ond Bor­ders Coll­ec­tive und des Cri­ti­cal Arme­nian Stu­dies Coll­ec­tive und Mit­glied des Inter­na­tio­nal Soli­da­rity Action Rese­arch Network.

Dolmetscher*innen: Ste­fan Schade und Team

Event-Tech­nik: Rein­hard Grinschgl, Green Con­gress

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